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Channel: Science Fiction – Wortmalerei
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Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten von Becky Chambers

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Als die junge Marsianerin Rosemary Harper auf der Wayfarer anheuert, wird sie von äußerst gemischten Gefühlen heimgesucht – der ramponierte Raumkreuzer hat schon bessere Zeiten gesehen, und der Job scheint reine Routine: Wurmlöcher durchs Weltall zu bohren, um Verbindungswege zwischen weit entfernten Galaxien anzulegen, ist auf den ersten Blick alles andere als glamourös. Die Crewmitglieder, mit denen sie nun auf engstem Raum zusammenlebt, gehören den unterschiedlichsten galaktischen Spezies an. Da gibt es die Pilotin Sissix, ein freundliches und polyamoröses reptilienähnliches Wesen, den Mechaniker Jenks, der in die KI des Raumschiffs verliebt ist, und den weisen und gütigen Dr. Chef, der einer aussterbenden Spezies angehört. Doch dann nimmt Kapitän Ashby den ebenso profitablen wie riskanten Auftrag an, einen Raumtunnel zu einem weit entfernten Planeten anzulegen, auf dem die kriegerische Rasse der Toremi lebt. Für Rosemary verwandelt sich die Flucht vor der eigenen Vergangenheit in das größte Abenteuer ihres Lebens. (Klappentext)

Der Weg ist das Ziel – und dieser Weg ist weder lang, noch zornig

… sondern wunderschön. Wenn Becky Chambers eines ganz deutlich gemacht hat, dann ist es das: Science Fiction kann so zart und ergreifend sein wie eine feinfühlige Liebesgeschichte, so divers und vielfältig wie die Erde selbst und laut, bunt und still zur gleichen Zeit, ebenso wie eine warmherzige Familie. Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten ist eine Space Opera der besonderen Art, eine Geschichte, die nicht auf effekthascherische Wendungen ausgelegt ist, sondern sich auf die individuellen Figuren und ihre Beziehungen zueinander spezialisiert. Gemeinsam mit der Crew der Wayfarer, die unterschiedlicher und herzenswärmer nicht sein könnte, begibt man sich auf eine fantastische Reise durch die Galaxie, die voller Entdeckungen, Fragen und Antworten steckt und die mich so mitgerissen und berührt hat, dass Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten sich definitiv zu einem meiner liebsten Bücher entwickelt hat.

Das liegt zum einen an dem Setting und der Umsetzung, denn das Wayfarer-Universum steckt so voller Vielfalt und Diversität und lebt diese auch zu jedem Zeitpunkt, dass man sich dieser Atmosphäre einfach nicht mehr entziehen will. Chambers stellt verschiedene Wesen und Geschöpfe vor und lässt sie aufeinandertreffen in all ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Dabei hat jede Spezies ihre eigene Geschichte, ihre Eigenheiten und Bräuche, sodass es einiges zu entdecken gibt. Themen wie Rassismus, Diskriminierung und Andersartigkeit spielen dabei eine ebenso große Rolle wie Respekt, Verständnis und Liebe – und genau diese Mischung, die unaufgeregt teilweise am Rande, teilweise im Mittelpunkt der Geschichte stattfindet, macht den Roman so authentisch und wirkungsvoll. Da der Roman die meiste Zeit auf einem Raumschiff und dann und wann auf verschiedenen Planeten spielt, ist Chambers Weltentwurf so unendlich wie das Universum und ebenso vielfältig – die Reise mit der Wayfarer bringt dem Leser dabei so viele verschiedene Eindrücke und dennoch kann man sich einfach nicht satt sehen.

Jede Figur hat eine Stimme und eine Geschichte

Zum anderen ist die Geschichte schlicht berührend, weil sie einen so intensiven Fokus auf die Figuren, deren Schicksale und Probleme sowie deren Beziehungen und Gefühle legt. Über jedes Crewmitglied der Wayfarer erfährt man so dessen Geschichte, was dafür sorgt, dass man tatsächlich jeden einzelnen in sein Herz schließt – mal mehr, mal weniger. Die Reise zu dem Planeten wird so immer wieder unterbrochen und von verschiedenen Hindernissen blockiert: Dabei ist die Geschichte mal sehr spannend, dann wieder sehr ruhig und figurenbezogen. Chambers Schreibstil unterstützt diese Erzählweise, da er relativ schnörkellos, flüssig lesbar, allerdings nicht platt ist.

„Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ mag im Sinne der Distanz lang und der kleine Planet mag zornig sein, die Geschichte rund um die Crew der Wayfarer jedoch ist weder lang und beschwerlich, noch zornig – im Gegenteil. Becky Chambers erschafft eine ruhige, unaufgeregte, aber dennoch tiefgehende Geschichte, die unter die Haut geht und mit viel Diversität und relevanten Themen zu überzeugen weiß. „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ ist übrigens der erste Band einer Reihe, die im Wayfarer-Universum spielt, allerdings sind die Folgebände voneinander unabhängig.

Eckdaten

Fischer TOR / 544 Seiten / €9,99 / ISBN-13: 978-3596035687 / The Long Way To A Small, Angry Planet (OT) / Karin Will (Übers.)


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